Studie von LMM und Roland Berger zur Zukunft des deutschen Fernsehens ruft großes Medienecho hervor
In ihrer gemeinsam mit der Unternehmensberatung Roland Berger herausgegebenen Studie „Quo Vadis, deutsche Medien?“ argumentieren Professor Thorsten Hennig-Thurau und Ricarda Schauerte (Lehrstuhl für Marketing & Medien), dass sich die deutsche Fernsehlandschaft grundlegend wandeln wird. Ihre Ergebnisse, basierend auf historischen Daten und einer repräsentativen Zuschauerbefragung, legen nahe, dass während der nächsten zehn Jahre rund ein Drittel der TV-Nutzungszeit zum Streaming abwandern wird – und es den TV-Sendern an kritischen Ressourcen fehlt, die im Wettbewerb mit US-amerikanischen Streamingdiensten wie Netflix und Amazon Prime Video dringend benötigt werden.
Die Studie hat offensichtlich einen Nerv getroffen: Über 30 Online- und Offlinemedien aus dem In- und Ausland haben über sie berichtet, was für viel Gesprächsstoff bei den Branchenvertretern gesorgt hat; der Spiegel berichtete sogar gleich zweimal über „Quo Vadis, deutsche Medien?“. Naturgemäß waren nicht alle Betroffenen glücklich mit den Ergebnissen, was zuweilen Kritik zur Folge hatte: So sah die ARD gegenüber dem Tagesspiegel handwerkliche Mängel, da man anders vorging als der Sender bei seinen Befragungen selbst, und DWDL berichtete von Versuchen der Werbevermarkter, die in der MCM-Studie benannten Probleme mit eigenen, rosigeren Zahlen aufzuwiegen.
In verschiedenen Interviews erläuterte Professor Hennig-Thurau indes, dass für die vom Spiegel vorgefundene „Totengräberstimmung im klassischen Fernsehgeschäft“ kein Anlass bestehe – zumindest nicht, wenn man die kritische Standortbestimmung zeitnah zum Anlass nehmen würde, seine Geschäftsmodelle zu überprüfen und in den Aufbau von „Streaming-Power“ zu investieren. Gegenüber der Branchenzeitschrift Blickpunkt:Film entkräftete er Kritik an der Methodik und betonte, dass die Studie kein Nachruf auf das lineare TV sei, sondern vielmehr eine Blaupause für eine synergetische Transformation. Im Video Podcast mit Gunnar Sohn (ichsagmal.com) forderte Professor Hennig-Thurau die TV-Branche auf, endlich das Phänomen der digitalen Streamingdienste nicht mehr kleinzureden, sondern dem Fernseh-Kerngeschäft Budget wegzunehmen und damit das Streaminggeschäft zu finanzieren. Dies sei gewiss extrem schmerzhaft, aber angesichts neuer, aggressiver Konkurrenz von Disney und Apple alternativlos, wie er im Gespräch mit den Westfälischen Nachrichten betonte.
Hier können Sie einige Berichte und Interviews nachlesen:
DWDL.de: Die Streaming-Zukunft - Radikale Schritte zur "Heimat to go"?
futurezone.de: Der Untergang der Fernsehsender - Forscher warnen vor düsterer Zukunft denn je
krone.at: Studie aus Deutschland - Streamingdienste knöpfen TV-Sendern die Zuseher ab
kurier.at: Der Milliarden-Kampf um den Streaming-Thron (Paywall)
Spiegel Online: Umstrittene Studie zum TV-Konsum - Ist Netflix der Totengräber von ARD und ZDF?
tagesspiegel.de: Neue Studie zur TV-Nutzung - Lineares Fernsehen verliert mehr und mehr Zuschauer
Westfälische Nachrichten: Studie zum Fernsehen der Zukunft - Krieg der TV-Welten (Paywall)
wuv.de: Roland-Berger-Prognose: TV-Sender verlieren gegen Netflix & Co